(TRD/MID) Für Fußgänger ist der Verkehrsalltag oft
ein lebensgefährlicher Hindernislauf. Unfälle mit Autofahrern oder
Radlern bleiben nicht aus. Da Fußgänger keine Knautschzone besitzen,
haben derartige Zusammenstöße meistens fatale Folgen. Wie aber soll
dieses turbulente Miteinander im Straßenverkehr erst mit selbstfahrenden
Autos funktionieren, wenn es schon jetzt nicht gutgeht? Diese Frage
beschäftigt seit geraumer Zeit alle Autobauer, bahnbrechende Lösungen
sind allerdings noch nicht gefunden.
Einen möglicherweise entscheidenden Beitrag auf dem Weg zum
intelligenten Auto leistet jetzt ein Autobauer. Der Hersteller testet in
Zusammenarbeit mit dem Virginia Tech Transportation Institute in den
USA ein eigens dafür entwickeltes Signal-System für autonome Fahrzeuge.
Ein komplett autonom fahrendes Auto, das dennoch mit Fußgängern und
Radfahrern kommuniziert – das grenzt fast an Zauberei. Wie soll das
funktionieren? Es geht um Lichtsignale statt menschlicher Gesten wie ein
kurzes Winken oder Kopfnicken, erklären die Experten.
Derzeit werden auf öffentlichen Straßen in den USA drei verschiedene
Licht-Szenarien erprobt. „Die unterschiedlichen Lichtsignale zeigen den
anderen Verkehrsteilnehmern, ob das Auto gerade autonom fährt, ob es
beschleunigt oder ob es abbremst und steht“, sagt Gunnar Herrmann, der
Vorsitzende der Geschäftsführung der Ford-Werke GmbH, dem mid. Ziel sei
eine einheitliche und für alle Verkehrsteilnehmer verständliche
Signalsprache im autonomen Fahrbetrieb.
Bei Ford ist man sich einig: Das Verständnis davon, wie
selbstfahrende Autos in der realen Welt „allein“ zurechtkommen, ist die
Grundlage für die Entwicklung der künftigen Verkehrswirklichkeit. „Wir
müssen jetzt Lösungen für die Herausforderung finden, dass irgendwann
kein menschlicher Fahrer mehr hinter dem Steuer sitzt“, betont der dafür
zuständige Technikspezialist John Shutko. Es gehe darum, wie man
menschliche Gesten wie etwa ein Kopfnicken oder ein Winken ersetze, um
stets einen sicheren und effizienten Betrieb im öffentlichen Raum zu
gewährleisten.
Autonomer
Härtetest: Auf einer Strecke von 2.600 Kilometern zeichnen Forscher
Videos
und Protokolle der Reaktionen bei Begegnungen mit Fußgängern,
Radfahrern und anderen
Fahrzeugen auf. Foto :© Ford / TRDmobil
Autonomer Härtetest: Mit Hilfe von Lichtsignalen kommuniziert dieser Ford Transit
Connect im Test mit Fußgängern. © Ford © Ford /TRDmobil
Warum aber hat sich der Automobilhersteller gerade für die
Kommunikation per Licht entschieden? Lichtsignale für Abbiege- und
Bremsanzeige sind bereits Standard und allgemein akzeptiert, sodass eine
Beleuchtungsanwendung als das wirksamste Mittel zur Kommunikation
angesehen wird, so der Hersteller. Um komplett autonomes Fahren zu
simulieren, entwickelten die Forscher einen Tarnanzug, der den Menschen
auf dem Fahrersitz verdeckt. Der Anzug wurde so entworfen, dass er wie
ein gewöhnlicher Fahrersitz aussieht.
Danach hat Ford einen speziellen Transit Connect zum „Undercover
Test“ auf öffentliche Straßen im Norden des US-Bundestaats Virginia
geschickt. Das Fahrzeug trägt einen Lichtbalken auf der
Windschutzscheibe, außerdem wurden sechs HD-Kameras montiert, um das
Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer in einer 360-Grad-Rundumsicht zu
erkennen. Auf einer Strecke von rund 2.600 Kilometern zeichneten die
Forscher insgesamt 150 Stunden lang Videos und Protokolle der Reaktionen
bei Begegnungen mit Fußgängern, Radfahrern und anderen Fahrzeugen auf.
Die Lichtsignale wurden dabei mehr als 1.650 Mal aktiviert, teilen die
Forscher mit.
„Diese Arbeit ist nicht nur für Autofahrer und Hersteller von großem
Wert, sondern auch für jeden, der in Zukunft einem autonomen Fahrzeug
im Straßenverkehr begegnet“, sagt Andy Schaudt, Project-Direktor beim
Virginia Tech Transportation Institute. „Wir sind stolz darauf,
Automobilhersteller bei der Entwicklung dieser wichtigen Forschung zu
unterstützen“. Doch wie lange wird es noch dauern, bis diese Technik für
autonome Fahrzeuge serienmäßige Realität wird? Beim Unternehmen Ford
jedenfalls könnte dieser Traum von einer sicheren und modernen Mobilität
schon bald wahr werden.
Der Hersteller entwickelt bereits ein voll autonomes Fahrzeug, das
weder Lenkrad noch Pedale haben wird, und ab 2021 in Großserie
produziert werden soll. „Wir entwickeln dieses Auto speziell für den
Einsatz bei digitalen Mobilitätsdienstleistern, die es für Dienste wie
Ride Sharing und Robotaxi einsetzen können“, sagt Gunnar Herrmann. Ob
dieses Fahrzeug dann mit diesem Lichtsignal-System oder mit einem
anderen externen Kommunikationssystem ausgerüstet sein wird, ist derzeit
noch offen.
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